Schöner Wohnen mit Schwarz-Rot
Schöner Wohnen mit Schwarz-Rot
Einschätzung zum Koalitionsvertrag von CDU & SPD für den Bereich Mieten & Wohnen
Im von CDU und SPD am 03. April vorgestellten Koalitionsvertrag („Das Beste für Berlin“) nimmt das Kapital Stadtentwicklung, Bauen, Wohnen eine weniger zentrale Stelle als im vorherigen Koalitionsvertrag von Rot-Grün-Rot ein. Das zeigt sich schon daran, dass das Kapitel nicht mehr direkt am Anfang steht, sondern in die Mitte rückt. Mit 10 Seiten fällt es im Vergleich (18 Seiten) bedeutend kürzer aus. Vorangestellt an das Kapitel wird die Losung, bezahlbares Wohnen sei „die große soziale Herausforderung“ für Berlin. Schwarz-Rot setzt auf eine Angebotsausweitung durch „schnellen Neubau“, aber auch „strategischen Ankauf“. Dafür versprechen sie „Tempo“ und eine neue „Dynamik“.
Der Koalitionsvertrag zeichnet sich durch eine massive Fokussierung auf den Wohnungsneubau aus. Im Vordergrund stehen hohe Bauproduktionszahlen, ohne diese an soziale, ökologische oder städtebauliche Bedarfe auszurichten. Beinhaltete der letzte Koalitionsvertrag noch Widersprüche (Bürgerbeteiligung, Regulierung, ökologische Anforderungen vs. hohe Zielzahlen ohne Qualifizierung), werden diese zugunsten möglichst hoher Produktionszahlen und Deregulierung aufgelöst. Für die Mieten- und Wohnungspolitik droht zwar kein kompletter Kahlschlag, doch die Groko vollzieht die Rolle rückwärts. Ihre Wohnungspolitik ist sozial unausgewogen und auf die obere Mittelschicht ausgerichtet. Aktuellen Problemlagen begegnet die Koalition konzeptlos.
Auch wenn das Bauen andere Themen überlagert, im Folgenden richte ich meinen Blick auf die wohnungspolitischen Schwerpunkte (Vergesellschaftung, Wohnraumförderung, Mieter*innen- und Wohnraumschutz, landeseigene Wohnungsunternehmen, Modernisierung) der Koalition.
Vergesellschaftung
Sofern die vom Senat eingesetzte Expertenkommission eine „verfassungskonforme Vergesellschaftungsempfehlung“ abgibt, will die Koa ein Vergesellschaftungsrahmengesetz einführen. Dieses soll einen Rechtsrahmen und „objektive qualitative Indikatoren“ für eine Vergesellschaftung in Geschäftsfeldern der Daseinsvorsorge sowie Grundsätze der Entschädigung definieren. Das Gesetz soll erst zwei Jahre nach seiner Verkündung und damit kaum mehr in dieser Legislatur in Kraft treten.
Das geplante Gesetz ist als Äquivalent zum Berliner Enteignungsgesetz angelegt. Anders als eine Enteignung kann eine Vergesellschaftung aber nur per konkretem Einzelgesetz vollzogen werden. Den Rahmen bildet ohnehin bereits Art. 15 GG. Für die Vergesellschaftung von Vonovia & Co. ist das Rahmengesetz also im besten Fall unnötig und in jedem Fall als Verschleppung konstruiert.
Einen gemeinsamen Rechtsrahmen für verschiedene Geschäftsfelder zu definieren, birgt zudem das Risiko das Anliegen zu verkomplizieren – ohne dabei viel zu gewinnen. Wie eine Vergesellschaftung von Grund und Boden gesetzlich aussehen kann, wurde umfassend geprüft. Welche Anforderungen jedoch an andere Bereiche wie Energie oder Wasser bestehen ist dagegen weitgehend offen.
Für die Vergesellschaftungsreife hat die Initiative DWE mit ihrer Schwelle von 3.000 Wohnungen ein quantitatives Kriterium vorgeschlagen. Davon rückt die Groko ab und will „qualitative“ Kriterien definieren. Vorstellbar wäre z.B. eine systematische Missachtung von mietrechtlichen Instrumenten heranzuziehen – das würde dem Narrativ von Giffey entsprechen, für einige „schlimme Finger“, brauche es mehr Regulierung. Vergesellschaftung ist allerdings kein „Strafinstrument“, sondern verfolgt das Ziel einen Sektor (hier Wohnen) in die Gemeinwirtschaft zu überführen. Angesichts fehlender Daten über den Wohnungsmarkt, dürften qualitative Kriterien auch nicht rechtssicherer abzubilden sein als die empirisch eindeutige 3.000er Schwelle.
Fazit: Wenige Wochen bevor die Expertenkommission wohl ein deutlich positives Votum pro Vergesellschaftung vorlegen wird, kommt Schwarz-Rot wie „Kai aus der Kiste“ mit dieser Idee, die den einzigen Zweck verfolgt, den erfolgreichen Beschlussvolksentscheid zur Vergesellschaftung abzuwickeln. Sollen Wohnungen vergesellschaftet werden, wird ein Gesetzesvolksentscheid nötig.
Sozialer Wohnungsbau
Die Koalition bekennt sich zum Neubauziel von jährlich 20.000 Wohnungen, darunter „bis zu“ 5.000 Sozialwohnungen. Angesichts schwieriger Rahmenbedingungen relativiert die Koa ihre Zahlenspiele und stellt selbst fest, dass dies „nicht sofort“ erreichbar sein werde.
Allein in den kommenden 5 Jahren werden jährlich ca. 5.000 Wohnungen aus der Bindung fallen. Um den (schon unzureichenden) Status Quo zu halten, müssten jährlich 5.000 neue geförderte Wohnungen gebaut und gleichzeitig Ankauf, Bindungsverlängerung, Vergesellschaftung etc. als Instrumente gezogen werden.
Die Koalition verweigert dabei ordnungspolitische Maßnahmen, um zu mehr Sozialwohnungen zu kommen. Die magere 30-Prozent-Sozialquote (Kooperative Baulandentwicklung), die für Private bei großen Bauvorhaben gilt, soll nicht angehoben werden. Stattdessen setzt die Koa auf eine attraktivere Förderung durch Anhebung der Kostensätze, verbesserter Eigenkapitalverzinsung und mittelbare Bindungen. Dafür will die Koa statt derzeit 750 Mio. Euro künftig mehr als 1 Mrd. Euro ausgeben.
Zudem soll eine zusätzliche Fördersäule eingeführt werden: die zwei bisherigen Fördersegmente unterscheiden sich bzgl. Einstiegsmieten (6,70€/qm, 9€/qm) sowie dem Kreis der Anspruchsberechtigten (bis WBS 140 und bis WBS 180). Mehr als 50 Prozent der Haushalte haben so aktuell Anspruch auf eine Sozialwohnung. Mit einem dritten Fördermodell will die Koa diesen Kreis erweitern und ermöglichen, dass „Sozialwohnungen“ künftig zu noch höheren Einstiegsmieten an Haushalte mit höheren Einkommen vermietet werden können. Private könnten vollständig auf dieses teurere Segment ausweichen und ein Großteil der Mittel hierhin fließen – zulasten des Baus von Sozialwohnungen für untere Einkommensgruppen, für die es mit Abstand den größten Bedarf gibt.
Die zentrale Strukturfrage lässt die Koa unbeantwortet. Vonovia und andere Private fahren ihre Investitionen in den Neubau massiv herunter. Auch eine höhere Förderintensität wird daran wenig ändern. Und dennoch, versucht Schwarz-Rot der Krise hinterher zu subventionieren – mit schlechten Aussichten. Wie es anders gehen kann, hat im Wahlkampf hat die Berliner LINKE mit ihrem Konzept für ein kommunales Wohnungsbauprogramm dargestellt. Werden die Mittel aus der Wohnungsbauförderung auf die sechs LWU konzentriert, könnten damit jährlich bis zu 7.500 neue und dauerhaft gebundene Sozialwohnungen entstehen. Das wäre eine Kurskorrektur.
Wohnungsbündnis mit Konzernen
Das im Juni 2022 geschlossene Wohnungsbündnis soll weitergeführt werden. Neben verschiedenen Verbänden, die nur appellierend ihre Mitgliedsunternehmen zur freiwilligen Selbstverpflichtung aufrufen können, sind nur die LWU, Genossenschaften sowie Vonovia und der Konzern Adler beigetreten. Letzterer steckt massiv in der Krise und wird u.U. seine 20.000 Wohnungen verkaufen.
Im Rahmen des Bündnisses wurden verschiedene Mieterschutz-Regelungen vereinbart, etwa die „Orientierung“ an einer abgesenkten Kappungsgrenze von 15 auf 11 Prozent sowie die Begrenzung von Mieterhöhungen auf 30 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens für WBS-Berechtigte. Diese Vereinbarungen sind wenig ambitioniert, intransparent und für Mieter*innen nicht einklagbar. Der Koalitionsvertrag enthält nicht die Absicht, dass hier nachverhandelt werden soll.
Nicht nur dass: welche Ankündigungen davon überhaupt umgesetzt wurden, ist etwa 9 Monate nach der Unterzeichnung des Bündnisses nicht bekannt. Auf Nachfrage musste der Senat einräumen, selbst keine Kenntnisse darüber zu haben, inwiefern die Vereinbarungen aus dem Bündnis eingehalten werden. Ein besseres Monitoring ist dennoch nicht vorgesehen. Aus Sicht von Mieter*innen bleibt das Bündnis ein Totalausfall.
Landeseigene Wohnungsunternehmen (LWU)
Im Vergleich zum vorherigen Koalitionsvertrag ist der Absatz zum kommunalen Wohnungsbestand auffällig knapp geraten. Die Groko möchte den kommunalen Bestand perspektivisch zwar auf 500.000 Wohnungen ausweiten, lässt aber offen bis wann und wie viel davon durch Neubau und Ankauf hinzukommen soll. Die Neubauziele werden von bisher 7.000 auf jährlich 6.500 Wohnungen abgesenkt. Die sollen u.a. dadurch erreicht werden, dass alle (!) Nachverdichtungsprojekte „zügig vorangetrieben“ werden sollen, obwohl sehr viele davon, bei Anwohner*innen hoch umstritten sind. Statt den kommunalen und damit bezahlbaren Neubau zu stärken, werden die LWU zu gleichrangigen Partner*innen neben der privaten Wohnungswirtschaft degradiert. Keine Aussagen finden sich zur Mietenpolitik der LWU, zu Investitionen in den Bestand oder zur Mitbestimmung von Mieter(bei)räten.
Schwarz-Rot kündigt eine „Neujustierung“ und Flexibilisierung der WBS-Quoten bei Neubau (aktuell: 50 Prozent) und Wiedervermietung (aktuell: 63 Prozent) sowie der WBS-Einkommensgrenzen (aktuell: bis WBS 180) an, wobei dabei die „soziale Mischung“ besonders berücksichtigt werden solle. Die Koa wird diese Quoten also vermutlich nach unten oder die WBS-Einkommensgrenzen nach oben korrigieren. Das passt zu einem Diskurs, den SPD und CDU seit Jahren führen, wonach einzelne Quartiere aufgrund zu vieler WBS-Wohnungen drohten zu „kippen“. Die Vorstellung ist dabei stets, dass Problemlagen wie fehlende soziale und verkehrliche Infrastruktur oder Armut nicht etwa durch Sozialpolitik, sondern Zuzug von Menschen mit höheren Einkommen (Aufwertung) gelöst würden.
Die Wohnraumversorgung Berlin AöR wurde mit dem Mietenvolksentscheid als Kontrollinstanz für die LWU ausgehandelt. Sie übernimmt bisher u.a. das Fachcontrolling und soll Impulse für den gemeinwohlorientierten Umbau der LWU liefern. Schon lange wollen CDU (und Teile der SPD) die WVB abschaffen, nun soll diese „gestrafft und entbürokratisiert“ und ihr Aufgabenbereich auf die Betreuung von Mieterbeiräten reduziert werden.
Mieter*innen- und Wohnraumschutz
Verschiedene Mieterschutz-Instrumente wie die Mietpreisbremse, Umwandlungsbremse (§250 BauGB), kostenfreie Mieterberatung, Milieuschutz, Kündigungsschutzklausel-Verordnung werden erwähnt, sollen beibehalten bzw. verlängert werden. Sogar das kommunale Vorkaufsrecht soll – sofern es vom Bund repariert wird – unter bestimmten Umständen zum Einsatz kommen. Zudem werden zahlreiche Lücken im Mietrecht adressiert, zu denen Bundesratsinitiativen angestrengt werden sollen.
Es werden sogar weitere Instrumente angekündigt, so soll etwa die Einhaltung der Mietpreisbremse künftig behördlich überprüft werden können – das wäre ein Fortschritt, denn bisher müssen Mieter*innen selbstständig gegen Vermieter*innen vorgehen. Aber: der Bund müsste zunächst das Mietrecht ändern. Mit einem FDP-Bundesjustizminister (siehe Vorkaufsrecht) eher ausgeschlossen.
Zudem soll eine unabhängige Ombudsstelle bei Mietstreitigkeiten eingeführt werden. Was genau geplant ist, bleibt offen. Eine Ombudsstelle für die LWU wurde schon unter Rot-Grün-Rot vereinbart und im aktuellen Doppelhaushalt mit Mitteln untersetzt, von Senator Geisel jedoch nicht umgesetzt.
Ein Mieten- und Wohnungskataster soll „aufbauend“ auf das vom Bund geplante Gebäuderegister umgesetzt werden – das Register des Bundes könnte jedoch erst 2031 vorliegen. Die Koalition will sich ohnehin zunächst dafür einsetzen, dass die Einführung eines Katasters auf Landesebene „ermöglicht“ werde – was wohl bedeutet, dass sich die Senatsverwaltung mit ihrer Position durchsetzen konnte, für ein solches Kataster läge bisher nicht die landesrechtliche Kompetenz vor.
Die Koalition will Wohnungsaufsicht und Zweckentfremdungsverbot beibehalten, eine bessere Durchsetzungsfähigkeit der Behörden und ein stärkeres Vorgehen gegen Abriss von Wohnraum steht jedoch unter einem Prüfvorbehalt.
Zudem kündigt die Koalition die Einführung eines Wohnraum-Sicherungsgesetzes an. Hinter dem (besonders vage formulierten) Absatz steht der Beschluss eines SPD-Parteitages, auf der Grundlage der Landeskompetenz für das „Recht des Wohnungswesens“ ein Wohnraumbewirtschaftungsgesetz einzuführen. Mit diesem könnten z.B. verpflichtende Belegungsbindungen, auch für nicht-geförderte Wohnungen, vorgeschrieben werden. DIE LINKE hat mit dem „Sicher-Wohnen-Gesetz“ ein konkretes Konzept vorgestellt, wie diese bisher ungenutzte Materie mit Leben gefüllt werden kann.
Fazit: Schwarz-Rot macht das nötigste und lässt bestehende Instrumente weiterlaufen. An den Stellen, an denen die Koalition tatsächlichen Spielraum hätte (Mietenkataster, Wohnraumschutz, Wohnraumbewirtschaftungsgesetz), lässt sie diesen weitgehend ungenutzt.
Energetische Gebäudesanierung
Die Koalition will ein Gebäudekataster aufbauen, mit dem Sanierungsstände erfasst werden sollen. Dem „Worst-First-Ansatz“ folgend, sollen beginnend bei den Gebäuden mit der schlechtesten Energieeffizienzklasse, diese nach und nach modernisiert werden. Die Mittel dafür sollen u.a. aus dem „Sondervermögen Klimaschutz“ kommen. Bestehende Förderkulissen für die Sanierung öffentlicher Gebäude und Zweckbauten sollen ausgeweitet und auf Wohngebäude erweitert werden.
Ein großer Wurf ist das nicht. Nicht nur, dass viele Fragen zur konkreten Ausgestaltung, zu Zielmarken und Höhe der Mittel offenbleiben, es fehlen auch weitere konkrete (z.B. ordnungspolitische) Instrumente, die die Maßnahmen konkretisieren würden. Zudem fehlt eine Zielorientierung auf Bruttowarmmietenneutralität bei Modernisierung oder eine spezifische Auseinandersetzung gerade mit den Bedingungen im kommunalen Wohnungsbestand und den Großwohnsiedlungen.
Was alles fehlt
Auffällig ist, welche Themen im Koalitionsvertrag von Schwarz-Rot keine Rolle (mehr) spielen: so fehlt eine Strategie zum Umgang mit auslaufenden Sozialbindungen, Zwangsräumungen oder Eigenbedarfskündigungen infolge der hunderttausenden in den letzten Jahren von Miet- in Eigentumswohnungen umgewandelten Wohnungen. Auch wichtige Projekte einer kooperativen Stadtpolitik wie Rekomm-Plus Kottbusser Tor, Iniforum Stadtpolitik oder Urbane Praxis finden keine Erwähnung. Diese Aufzählung könnte noch deutlich verlängert werden.
Fazit: Eine Rolle rückwärts mit Giffey
Abwicklung des Volksentscheids, Förderung teurer Wohnungen unter dem Deckmantel des sozialen Wohnungsbaus, weniger Sozialvorgaben und Versorgungsauftrag für die Kommunalen, mangelnde Reformbereitschaft bei Mieter*innen- und Wohnraumschutz: Schwarz-Rot macht eine Rolle rückwärts.
Schon der letzte Koalitionsvertrag von Rot-Grün-Rot stoppte die Aufbruchstimmung, die den Start der Rot-Rot-Grünen Koalition 2016 noch begleitete. Rot-Grün-Rot konnte sich im letzten Koalitionsvertrag kaum auf eine gemeinsame Linie in zentralen Fragen von Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen einigen. Das sorgte für öffentlichen Streit und an wichtigen Stellen zu gegenseitiger Blockade.
CDU und SPD scheint es einfacher gefallen zu sein, eine gemeinsame Linie zu finden. Geisel & Co dürften hochzufrieden sein. Es findet eine weitere Fokusverschiebung zu Bauen als Hauptpriorität und Selbstzweck statt, auch wenn Schwarz-Rot nicht allzu offen mit den beiden Vorgängersenaten bricht. Schließlich hat auch die CDU verstanden, dass sie in einer Mieterstadt wie Berlin nicht alle Mieterschutz-Instrumente schleifen oder abschaffen kann. Zudem steht der SPD-Mitgliederentscheid ins Haus und so finden sich einige Anknüpfungspunkte, Signalworte oder Prüfvorbehalte im Vertragstext, die Teile der SPD-Basis besänftigen sollen. Das sollte nicht über den Grundtenor hinwegtäuschen. Das Motto der wohl neuen Senatorin Giffey dürfte lauten: bauen, bis es quietscht.
Ein weiteres gemeinsames Projekt der künftigen Koalitionäre dürfte eine Wende, hin zu einer Wohnungspolitik für die obere Mittelschicht sein. Die zeigt sich beim sozialen Wohnungsbau, einer Aufweichung der WBS-Quoten im kommunalen Bestand, einer Ausweitung der Eigentumsförderung oder dem Verkauf landeseigener Grundstücke an Genossenschaften (die idR für die Mittelschicht bauen). Kein Wunder: seit Jahren bedienen CDU und SPD die Erzählung, es müsse mehr für „die Mitte“ getan werden, die beide besonders gerne in den Berufsgruppen „Polizist*innen“ und „Krankenpfleger*innen“ verorten. Die Parteien haben dabei nicht verstanden, dass Durchschnittsverdiener*innen aus diesen Gruppen oft Anspruch auf einen WBS 180 haben und nicht zu der oberen Mittelschicht gehören, an die sich ihre Politik richtet. Es ist grundsätzlich richtig, wenn eine Wohnungspolitik nicht nur 25, sondern 75 Prozent der Bevölkerung in den Blick nimmt. Schwierig wird es, wenn das zulasten der unteren Einkommensgruppen geht, so wie von Schwarz-Rot geplant.
Die Ergebnisse des Bündnisses kommentierte Franziska Giffey damit, dass am Runden Tisch mit den Immobilienkonzernen ja „mehr als null Prozent“ erreicht worden sei. Mit Blick auf den vorliegenden Koalitionsvertrag mag man die künftige Senatorin für Bauen, Bauen, Bauen beglückwünschen: mehr als „null Prozent“ ist ihr auch dieses Mal gelungen. Für mehr hat es nicht gereicht.
April 11, 2023